Technik
Gas im Wohnmobil: Propan, Butan und Füllstand-Tipps
Ein praxisnaher Ratgeber zur Gasversorgung im Camper: Unterschiede zwischen Propan und Butan, Verbrauch berechnen und wie du den Gasvorrat immer im Blick behältst.
Das Herz der Bordtechnik: Alles über die Gasversorgung im Camper
Gas ist der unsichtbare Helfer, der das Campingleben erst richtig komfortabel macht. Es sorgt für wohlige Wärme an kühlen Abenden, kühlt unsere Lebensmittel im Absorberkühlschrank, erhitzt das Wasser für die morgendliche Dusche und bringt den Kaffee auf dem Herd zum Kochen. Ohne eine zuverlässige Gasversorgung wäre an Autarkie kaum zu denken. Doch gerade weil es so selbstverständlich ist, ranken sich viele Fragen und Unsicherheiten um das Thema: Wie lange reicht mein Vorrat wirklich? Was ist der Unterschied zwischen Propan und Butan? Und wie kann ich meinen Gasverbrauch am besten einschätzen und kontrollieren?
Viele Camper kennen das ungute Gefühl: Man steht frei in einer traumhaften Landschaft, die Temperaturen sinken, und plötzlich stellt sich die Frage: Reicht das Gas noch für die Nacht? Eine leere Flasche zur falschen Zeit kann einen entspannten Trip schnell beenden.
Dieser Ratgeber bringt Licht ins Dunkel. Wir erklären praxisnah und ohne Fachchinesisch alles, was du über die Gasversorgung im Wohnmobil wissen musst. Wir tauchen tief in die physikalischen Unterschiede von Propan und Butan ein und klären, warum diese für Wintercamper entscheidend sind. Wir zeigen dir, wie du deinen individuellen Gasverbrauch präzise berechnen kannst, und geben dir realistische Beispiele an die Hand, damit du nie wieder von einer leeren Flasche überrascht wirst. Darüber hinaus behandeln wir das wichtige Thema Sicherheit, stellen verschiedene Flaschensysteme vor und geben wertvolle Tipps, wie du deinen Gasvorrat auch auf Reisen durch Europa sicherstellen kannst.
Ziel ist es, dir die nötige Sicherheit und das Wissen zu vermitteln, damit du dich entspannt zurücklehnen und deine Reisen genießen kannst, in dem Wissen, dass deine Gasversorgung zuverlässig geplant ist.
Teil 1: Die Grundlagen – Was ist eigentlich Campinggas?
Wenn wir von "Campinggas" sprechen, meinen wir in der Regel Flüssiggas, auch bekannt als LPG (Liquefied Petroleum Gas). Es handelt sich dabei um ein Nebenprodukt der Erdöl- und Erdgasförderung. Der Clou an LPG ist, dass es sich bereits unter geringem Druck verflüssigt. Dadurch kann eine große Menge an Energie auf kleinstem Raum gespeichert werden – ideal für den mobilen Einsatz im Camper. In flüssigem Zustand hat es nur etwa 1/260 seines gasförmigen Volumens.
Wenn du den Gashahn an einem Gerät öffnest, sinkt der Druck in der Leitung, das flüssige Gas in der Flasche beginnt zu sieden und wird wieder gasförmig. Dieser Prozess wird als Verdampfung bezeichnet. Für die Verdampfung wird Wärme benötigt, die der Umgebungsluft entzogen wird. Deshalb fühlen sich Gasflaschen bei der Entnahme oft kalt an und es kann sich sogar Eis an der Außenseite bilden.
Im Campingbereich bestehen die Gasmischungen hauptsächlich aus zwei Komponenten: Propan und Butan.
Teil 2: Propan vs. Butan – Der entscheidende Unterschied für Camper
Auf den ersten Blick scheinen Propan und Butan sehr ähnlich zu sein. Beide sind farb- und geruchlose Gase (der typische Gasgeruch wird künstlich hinzugefügt, um Lecks aufzuspüren) und haben einen ähnlichen Energiegehalt (Brennwert). Doch sie haben eine entscheidende physikalische Eigenschaft, die für Camper den Unterschied zwischen einer warmen und einer eiskalten Nacht ausmachen kann: der Siedepunkt.
- Propan (C₃H₈): Der Siedepunkt von Propan liegt bei -42 °C. Das bedeutet, es verdampft und wird gasförmig, solange die Umgebungstemperatur über diesem Wert liegt. Selbst bei starkem Frost funktioniert Propan daher einwandfrei.
- Butan (C₄H₁₀): Der Siedepunkt von Butan liegt bei -0,5 °C. Sobald die Temperatur in der Nähe des Gefrierpunkts oder darunter fällt, bleibt Butan flüssig in der Flasche und es kommt kein Gas mehr am Verbraucher an. Die Heizung bleibt kalt, der Herd zündet nicht.
Warum ist das so wichtig?
In Deutschland und den meisten nord- und mitteleuropäischen Ländern bestehen die Füllungen von Campinggasflaschen (die grauen Eigentumsflaschen und die roten Pfandflaschen) fast ausschließlich aus reinem Propan. Das macht sie absolut wintertauglich und zur einzig verlässlichen Wahl für Ganzjahrescamper.
In südeuropäischen Ländern (z.B. Spanien, Italien, Frankreich) werden hingegen oft Gasmischungen mit einem hohen Butan-Anteil oder sogar reines Butan verkauft. Diese sind im Sommer völlig unproblematisch und oft günstiger. Wer jedoch plant, in diesen Regionen im Frühling, Herbst oder gar Winter unterwegs zu sein, muss extrem vorsichtig sein. Eine spanische Butanflasche kann bei einer kalten Nacht in den Pyrenäen plötzlich den Dienst verweigern.
Fazit: Propan ist das Gas der Wahl für Camper, die zu jeder Jahreszeit unterwegs sind. Wer ausschließlich im Hochsommer in warmen Gefilden reist, kann auch Butan-Mischungen verwenden, sollte sich des Risikos bei einem unerwarteten Kälteeinbruch aber bewusst sein.
| Eigenschaft | Propan | Butan |
|---|---|---|
| Siedepunkt | -42 °C | -0,5 °C |
| Wintertauglichkeit | Exzellent | Ungenügend |
| Druck in der Flasche | Höher (ca. 8 bar bei 20°C) | Geringer (ca. 2 bar bei 20°C) |
| Brennwert (pro kg) | ca. 12,87 kWh | ca. 12,69 kWh |
| Verfügbarkeit | Standard in DE, AT, CH | Weit verbreitet in Südeuropa |
Teil 3: Wie lange hält eine Gasflasche? Den Verbrauch realistisch berechnen
Die häufigste Frage unter Campern lässt sich nur individuell beantworten. Der Gasverbrauch hängt massiv von deinem Reiseverhalten, der Jahreszeit und der Ausstattung deines Fahrzeugs ab. Um eine verlässliche Schätzung zu bekommen, müssen wir uns den Verbrauch der einzelnen Geräte ansehen.
Der Verbrauch von Gasgeräten wird in der Regel in Gramm pro Stunde (g/h) angegeben. Diese Angabe findest du auf dem Typenschild des Geräts oder in der Bedienungsanleitung.
Schritt 1: Die Verbrauchsdaten deiner Geräte ermitteln
Hier sind typische Durchschnittswerte für die gängigsten Gasverbraucher im Wohnmobil:
Heizung (z.B. Truma Combi 4/6):
- Nennleistung: ca. 160 - 480 g/h
- Realistischer Durchschnittsverbrauch: ca. 150 - 250 g/h (da die Heizung taktet und selten auf Volllast läuft)
Kochen (2- oder 3-Flammen-Kocher):
- Pro Flamme (je nach Größe): ca. 80 - 180 g/h
- Realistischer Durchschnittsverbrauch: ca. 120 g/h (da man selten alle Flammen gleichzeitig auf Vollgas nutzt)
Absorber-Kühlschrank (80-140 Liter):
- Nennleistung: ca. 15 - 25 g/h
- Realistischer Durchschnittsverbrauch: ca. 18 g/h (läuft relativ konstant)
Warmwasserboiler (10 Liter):
- Aufheizvorgang: ca. 120 g/h
- Realistischer Verbrauch: Hängt stark von der Nutzung ab. Ein Aufheizvorgang (ca. 20-30 min) verbraucht ca. 60g.
Schritt 2: Deinen täglichen Gasbedarf kalkulieren
Jetzt kombinieren wir diese Werte mit deiner geschätzten Nutzungsdauer.
Beispielrechnung 1: Sommertag (Reise im Juli)
- Heizung: 0 Stunden = 0 g
- Kochen: 1 Stunde (Frühstück, Abendessen) = 1 h * 120 g/h = 120 g
- Kühlschrank: 24 Stunden = 24 h * 18 g/h = 432 g
- Warmwasser: 1x Aufheizen zum Spülen = 60 g
- Gesamtverbrauch pro Tag: ca. 612 g
Wie lange hält eine 11-kg-Flasche?
Eine 11-kg-Flasche enthält 11.000 g Gas.11.000 g / 612 g/Tag = 17,9 Tage
Im Sommer kommst du mit einer 11-kg-Flasche also gut 2,5 Wochen hin.
Beispielrechnung 2: Übergangszeit (Reise im April/Oktober)
- Heizung: 4 Stunden (morgens und abends) = 4 h * 200 g/h = 800 g
- Kochen: 1 Stunde = 1 h * 120 g/h = 120 g
- Kühlschrank: 24 Stunden = 24 h * 18 g/h = 432 g
- Warmwasser: 2x Aufheizen (Spülen, Duschen) = 120 g
- Gesamtverbrauch pro Tag: ca. 1.472 g (1,47 kg)
Wie lange hält eine 11-kg-Flasche?11.000 g / 1.472 g/Tag = 7,4 Tage
In der Übergangszeit reicht eine 11-kg-Flasche also nur noch für ungefähr eine Woche.
Beispielrechnung 3: Wintercamping (Reise im Januar, Außentemperatur um 0°C)
- Heizung: 12 Stunden (läuft fast durchgehend, um die Temperatur zu halten) = 12 h * 250 g/h = 3.000 g
- Kochen: 1,5 Stunden (aufwändigere Mahlzeiten) = 1,5 h * 120 g/h = 180 g
- Kühlschrank: 24 Stunden = 24 h * 18 g/h = 432 g
- Warmwasser: 3x Aufheizen = 180 g
- Gesamtverbrauch pro Tag: ca. 3.792 g (3,8 kg)
Wie lange hält eine 11-kg-Flasche?11.000 g / 3.792 g/Tag = 2,9 Tage
Beim Wintercamping kann eine 11-kg-Flasche also bereits nach weniger als 3 Tagen leer sein! Deshalb haben Wintercamper oft zwei 11-kg-Flaschen an Bord und nutzen Systeme wie eine DuoControl für den automatischen Flaschenwechsel.
Schritt 3: Den Füllstand kontrollieren
Die beste Berechnung nützt nichts, wenn man den aktuellen Füllstand nicht kennt. Da das Gas flüssig ist, ändert sich der Druck in der Flasche kaum, bis sie fast leer ist. Eine einfache Druckanzeige ist daher nutzlos. Es gibt aber zuverlässige Methoden:
Wiegen: Die präziseste Methode. Auf jeder Gasflasche ist das Leergewicht (Tara) eingeprägt. Wiege die Flasche mit einer Kofferwaage und ziehe das Tara-Gewicht ab. Das Ergebnis ist die verbleibende Gasmenge.
- Beispiel: Gewogenes Gewicht 14,5 kg - Tara 8,1 kg = 6,4 kg Restgas.
Ultraschall-Füllstandsmesser: Kleine Geräte, die magnetisch an der Flaschenunterseite haften und per Ultraschall messen, wo die Flüssiggas-Oberfläche ist. Die Daten werden oft per Bluetooth an eine App auf dem Smartphone gesendet (z.B. Truma LevelControl, Mopeka). Sehr komfortabel und genau.
Inhaltsanzeiger mit Schwimmer (nur bei Tankflaschen): Fest installierte Tankflaschen haben oft eine mechanische oder elektronische Füllstandsanzeige, ähnlich wie eine Tankanzeige im Auto.
Teil 4: Sicherheit im Umgang mit Gas
Gas ist ein sicherer Energieträger, solange man einige grundlegende Regeln beachtet und die Anlage regelmäßig wartet.
- Die Gasprüfung (G 607): In Deutschland ist für Wohnmobile eine wiederkehrende Prüfung der Gasanlage alle zwei Jahre vorgeschrieben. Sie ist oft Voraussetzung für die Hauptuntersuchung (TÜV). Ein zertifizierter Prüfer kontrolliert die Dichtheit der Leitungen, die Funktion der Zündsicherungen und den Zustand der Geräte. Diese Prüfung dient deiner eigenen Sicherheit und ist unverzichtbar.
- Gaskasten-Belüftung: Der Gaskasten muss eine unverschließbare Belüftungsöffnung (meist 100 cm²) im Boden haben. Da Propan schwerer als Luft ist, kann eventuell austretendes Gas nach unten entweichen und sammelt sich nicht im Fahrzeug an. Halte diese Öffnung immer frei!
- Crash-Sensor und Schlauchbruchsicherung: Wenn du deine Gasgeräte (insbesondere die Heizung) auch während der Fahrt betreiben möchtest, ist ein Crash-Sensor (z.B. Truma Mono/DuoControl CS) gesetzlich vorgeschrieben. Dieser stoppt bei einem Aufprall sofort die Gaszufuhr. Eine Schlauchbruchsicherung verhindert Gasaustritt bei einer Beschädigung des Schlauches.
- Gaswarner: Ein Gaswarner im Innenraum ist eine sinnvolle Investition. Er alarmiert dich nicht nur bei Lecks in der eigenen Anlage, sondern auch bei Narkosegas-Angriffen. Wichtig ist die Montage in Bodennähe, da Propan/Butan absinken.
- Zündsicherungen: Alle im Camper verbauten Gasgeräte verfügen über eine Zündsicherung. Diese stellt sicher, dass die Gaszufuhr automatisch unterbrochen wird, wenn die Flamme (z.B. durch einen Windstoß) erlischt.
Teil 5: Gasnachschub in Europa – Flaschensysteme im Überblick
Die größte Herausforderung auf langen Reisen ist die unterschiedliche Landschaft an Gasflaschen und Anschlüssen in Europa.
Tauschflaschen (Pfand- oder Eigentumsflaschen):
- Vorteil: Weit verbreitetes Netz an Tauschstationen (Baumärkte, Campingplätze, Tankstellen) im Heimatland. Leere Flasche gegen volle tauschen, fertig.
- Nachteil: Im Ausland kannst du deine deutsche Flasche in der Regel nicht tauschen. Jedes Land hat eigene Systeme.
Tankflaschen (z.B. Alugas, Gaslow):
- Vorteil: Fest im Fahrzeug installierte Flaschen, die du an jeder LPG-Tankstelle europaweit selbst befüllen kannst. Das ist oft deutlich günstiger und macht dich unabhängig von Tauschsystemen. Ein Füllstopp-Ventil verhindert eine gefährliche Überfüllung.
- Nachteil: Höhere Anschaffungskosten. Der Einbau sollte fachmännisch erfolgen.
Gastank: Ein fest unter dem Fahrzeug montierter Tank, der noch mehr Volumen bietet. Funktioniert wie eine Tankflasche. Vor allem bei großen Wohnmobilen beliebt.
Das Adapter-Problem:
Um im Ausland eine landestypische Flasche anzuschließen oder eine Tankflasche zu befüllen, benötigst du Adapter. Es gibt zwei Sets, die man dabeihaben sollte:
- Entnahme-Adapter-Set: Um ausländische Flaschen an deinen deutschen Druckminderer anzuschließen.
- Befüll-Adapter-Set (für Tankflaschen): Um an den unterschiedlichen Zapfsäulen in Europa LPG tanken zu können (DISH, Bajonett, ACME, Euronozzle).
Teil 6: Fazit – Mit Planung zur entspannten Gasversorgung
Die Gasversorgung im Wohnmobil ist kein Hexenwerk. Wenn du die grundlegenden Unterschiede zwischen Propan und Butan kennst, deinen Verbrauch realistisch einschätzen kannst und die richtigen Werkzeuge zur Füllstandskontrolle nutzt, verliert das Thema schnell seinen Schrecken.
Die wichtigste Erkenntnis ist: Der Gasverbrauch ist extrem saisonabhängig. Während im Sommer eine Flasche wochenlang hält, wird sie im Winter zum knappen Gut. Eine sorgfältige Planung, insbesondere für Reisen in der kalten Jahreszeit, ist unerlässlich. Investitionen in eine zweite Flasche, eine automatische Umschaltanlage und vor allem in zuverlässige Füllstandsmesser zahlen sich durch Komfort und Sicherheit schnell aus.
Behandle deine Gasanlage stets mit Respekt, halte die Prüfintervalle ein und gehe keine Kompromisse bei der Sicherheit ein. Dann bleibt Gas das, was es sein soll: ein stiller und zuverlässiger Diener, der dir die Freiheit schenkt, überall zu Hause zu sein.